Beweis durch Sachverständige
Um in einem Rechtsstreit zu einem objektiven Ergebnis zu kommen, kann ein Gericht Sachverständige hinzuziehen. Sachverständige unterstützen mit ihrem Fachwissen die Richter dabei, in einem Prozess vorgegebene Tatsachen auszuwerten. Dabei können die vom Gericht bestellten Experten die zur Rede stehenden Sachverhalte subjektiv werten bzw. Schlussfolgerungen oder Hypothesen daraus ziehen. Die Aussagen von Sachverständigen stehen im Gegensatz zu denen von Zeugen, die dem Gericht über eigene Wahrnehmungen von Tatsachen und tatsächlichen Vorgängen berichten.
Sachverständige können laut Zivilprozessordnung (ZPO; Paragraph 404) nur dann in einen Rechtsstreit einbezogen werden, wenn sie dazu vom Gericht förmlich bestellt werden. Präsentiert indes einer der am Rechtsstreit beteiligten Parteien ein Privatgutachten, dann ist dies kein Sachverständigenbeweis. Vielmehr handelt es sich in einem solchen Fall schlicht um den Vortrag der jeweiligen Partei mit dem Ziel, Sachkunde in den Prozess einzuführen.
Durch ein Privatgutachten kann jedoch – theoretisch – ein Sachverständigenbeweis hinfällig werden. Das ist dann der Fall, wenn das Gericht ein solches Privatgutachten für ausreichend hält, um einen strittigen Punkt seriös und zuverlässig zu klären. In dieser Konstellation kann jedoch der Prozessgegner darauf dringen, dass ein Gerichtsgutachten eingeholt wird. Als Gründe kann der Prozessgegner etwa Zweifel an der Person des Privatgutachters äußern oder an dessen fachlicher Eignung.
Ein Beispiel: Ein Schlosser hatte von sich aus ungefragt subjektive Wertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen in einen laufenden Prozess eingebracht, an dem er nicht beteiligt war. Bei dem Verfahren vor dem Landgericht Hannover ging es um die Errichtung und Bereitstellung (Hosting) eines digitalen Werks und die Behauptung des Beklagten, die vertraglich vereinbarten Entgelte seien sittenwidrig überteuert und damit laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB; Paragraph 138) nichtig. Das Landgericht Hannover hielt das Privatgutachten des Schlossers für „nicht ganz verständlich“ und entschied, dass es im Prozess nicht verwertet wird (Az.: 9 O 153/10).
Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren dürfen hingegen jederzeit zu einem laufenden Verfahren beigezogen und verwertet werden. Dies geschieht entweder von Amts wegen – also vom Gericht ausgehend – oder auf Antrag einer der Parteien. Sollten die Ausführungen nicht ausreichen, um die klärungsbedürftigen Fragen auch im anderen Prozess zu beantworten, muss das Gericht einen Sachverständigen bestellen und dann gegebenenfalls ein weiteres Gutachten anordnen.
Ob ein Sachverständigengutachten in einem Verfahren anerkannt wird, entscheidet das jeweilige Gericht. Dazu heißt es in der ZPO (Paragraph 286, Absatz 1): „Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.“
Hinweis des LG Hannover -9 O 153/10- vom 15.06.2011
BERGER Rechtsanwälte
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Quelle: openPR
geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 29.07.2011bisher keine Kommentare
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Kategorien: Recht, Urteile
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