Das Zeitrecht: Ist die Sommerzeit mit dem Zeitrecht vereinbar?

Immer wenn Phileas Fogg drei Sekunden vor dem entscheidenden Glockenschlag im Londoner Reform Club auftaucht und seine Wette, in 80 Tagen um die Welt zu reisen, gewinnt, begreifen die Leser – buchstäblich für eine Sekunde – die Bedeutung der Zeit. Wenn an diesem Wochenende von Winter- auf Sommerzeit umgestellt wird, melden sich Kritiker und Befürworter mit schier unendlich zeitlosen Argumenten. Abseits dieser Debatte stellt sich für wahr die Frage, was wäre, wenn die Zeitumstellung verfassungswidrig erfolgt. Verjähren etwa die Ansprüche des Vermieters gegen seinen Mieter eine Stunde früher oder später? Wird ein Kind, wenn es an seinem 14. Geburtstag um 0 Uhr 1 eine Straftat begeht, zu Unrecht strafrechtlich verfolgt? Die Zeit ist wichtiger denn je – für das Recht. Deshalb nimmt ilex sich die Zeit und erklärt die Hintergründe zu diesem außergewöhnlichen Rechtsgebiet.
1. Die gesetzlichen Grundlagen
Die Affinität der Deutschen und mittlerweile auch der Europäer zur Schaffung positiven Rechts ist bekannt und bedarf kaum näherer Betrachtung. So verwundert es auch kaum, dass auch die Zeit gesetzlich geregelt wird. Zwischen dem 1. August 1978 und dem 12. Juli 2008, also beinah über einen Zeitraum von 30 Jahren galt das Gesetz über die Zeitbestimmung. Mittlerweile wurde das Zeitrecht in das Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (kurz: Einheiten- und Zeitgesetz) überführt.
Dort heißt es in in § 4 unter der Überschrift Gesetzliche Zeit:
„(1) Die gesetzliche Zeit ist die mitteleuropäische Zeit. Diese ist bestimmt durch die koordinierte Weltzeit unter Hinzufügung einer Stunde.
(2) Für den Zeitraum ihrer Einführung ist die mitteleuropäische Sommerzeit die gesetzliche Zeit. Die mitteleuropäische Sommerzeit ist bestimmt durch die koordinierte Weltzeit unter Hinzufügung zweier Stunden.“
Absatz 2 deutet schon eine Besonderheit an; nämlich die Sommerzeit. Näheres hierzu ist § 5 zu entnehen, wo es unter der Überschrift Ermächtigung zur Einführung der mitteleuropäischen Sommerzeit heißt:
„(1) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wird ermächtigt, zur besseren Ausnutzung der Tageshelligkeit und zur Angleichung der Zeitzählung an diejenige benachbarter Staaten durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, für einen Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 31. Oktober die mitteleuropäische Sommerzeit einzuführen.
(2) Die mitteleuropäische Sommerzeit soll jeweils an einem Sonntag beginnen und enden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bestimmt in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 den Tag und die Uhrzeit, zu der die mitteleuropäische Sommerzeit beginnt und endet, sowie die Bezeichnung der am Ende der mitteleuropäischen Sommerzeit doppelt erscheinenden Stunde.“
Hier nun liegt die Crux. Die Verordnungsermächtigung bestimmt – wie Artikel 80 GG es auch vorschreibt – Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung. Weicht eine Rechtsverordnung von diesen Vorgaben ab, hat sie keinen Bestand.
Hier nun gilt die Verordnung über die Einführung der mitteleuropäischen Sommerzeit ab dem Jahr 2002 (Sommerzeitverordnung – SoZV). Es darf nun für wahr die Frage aufgeworfen werden, ob diese Verordnung noch dem in der Ermächtigungsgrundlage genannten Zweck genügt. Dort heißt es, dass eine solche Verordnung nur zum Zweck der besseren Ausnutzung der Tageshelligkeit und zur Angleichung der Zeitzählung an diejenige benachbarter Staaten erlassen werden dürfe.
Zumindest hinsichtlich der ersten Zweckvorgabe sind die Kritikpunkte groß. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, dass in der Wachphase mehr Aktivitäten möglich sind. Allerdings ist angesichts der Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und der zunehmenden zeitlichen Belastung von Angestellten und Selbständigen eine bessere Ausnutzung, wie § 5 des Einheiten- und Zeitgesetzes vorschreibt eher untergeordnet. Ob dies allerdings ausreicht, um die Rechtsverordnung zu Fall zu bringen, darf bezweifelt werden.
2. Zeitrelevante Rechtsfragen
Die Zeit spielt im Recht eine erhebliche Rolle.
Ein Beispiel ist § 296 Absatz 1 ZPO.
„Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.“
Hintergrund der Norm ist, dass im Zivilprozess die Parteien die relevanten Tatsachen oftmals binnen bestimmter Fristen vorbringen müssen. Sind die Fristen überschritten, ist eine Berücksichtigung nur ausnahmsweise zulässig.
Was aber wenn eine Verzögerung nur deshalb zustande kommt, weil es ein Missverständnis bei der Zeitumstellung gibt und der Kläger das Fax abschickt, im Glauben es sei kurz vor Mitternacht, obwohl es längst nach Mitternacht ist. Letzteres kann etwa ein bis zwei Tage nach der Zeitumstellung bei vergesslichen Klägern geschehen. Wäre nun die Umstellung auf Sommerzeit nichtig, weil die Sommerzeitverordnung nichtig ist, stellt sich die Frage, ob der Vortrag überhauptet verspätet ist.
Oder kehren wir zu Jules Verne und seiner Reise in 80 Tagen um die Welt zurück. Hätten hier schon Sommer- und Winterzeit gegolten – dies war aber nicht der Fall – hätte Phileas Fogg sich seiner Wettschuld mit diesem Argument entziehen können? Wohl kaum, denn § 762 BGB wird durch eine Wette ohnehin keine Verbindlichkeit begründet – nun zumindest gilt dies in Deutschland, aber wohl kaum unter den Ehrenleuten des Londoner Reform Club.
3. Fazit
Phileas Fogg blieb ein wohlhabender Mann, weil ihn die Zeit – in seinem Fall die Datumsgrenze – gerettet hat. Ein genialer Clou – ohne jede Frage.
Derartige Argumente, Siege und Strategien sind aber nicht nur als Zufall denkbar. Diese Außergewöhnlichkeiten sind plan- und beherrschbar. Ein kluger Anwalt wird an die Datumsgrenze denken, wenn es nötig wird. Ein kluger Anwalt wird von Zeit zu Zeit schauen, ob die entscheidende und verborgene Rechtsverordnung XY wirklich mit der Verordnungsermächtigung vereinbar ist. Er wird völkerrechtliche Verträge aus vergangenen Jahrhunderten finden und sie als Argument in ein Gerichtsverfahren einbringen.
Wichtig für eine kreative Mandantsbearbeitung ist aber eines: Dass man sich zur rechten Zeit die Zeit dafür nimmt.
Dr. Stephan Gärtner
Rechtsanwalt
Quelle: openPR

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 26.03.2013
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