Die Rechnung bezahlen? – Ich bin doch nicht blöd … oder etwa doch?
Warum zahlen? Immer wieder scheinen sich einige besonders schlaue Zeitgenossen diese Frage zu stellen. Es geht doch so viel einfacher … Im Internet ist man anonym, man kann in all den vielen Onlineshops und Versandhäusern nach Herzenslust einkaufen und sich die Waren nach hause liefern lassen. Auf Mahnungen braucht man ja auch nicht reagieren, denn danach passiert doch sowieso nichts, da das Beitreiben kleinerer Rechnungsbeträge für den Händler viel zu kostspielig ist …
So dachte wohl auch Jutta S. aus Düsseldorf.
Sie wartete zunächst drei Mahnungen ab. Nach der dritten Mahnung meldete sie sich und bat um eine Ratenzahlung, die ihr auch eingeräumt wurde. Aber es war eine vergebliche Mühe. Denn Jutta S. dachte überhaupt nicht daran zu bezahlen. Sie wollte sich offenbar nur einen weiteren Zeitvorsprung verschaffen.
Irgendwann reicht es und so wurde beim Amtsgericht Wedding der Erlass eines Vollstreckungsbescheids beantragt. An dieser Stelle waren zu den ursprünglichen 43 Euro bereits 31 Euro hinzugekommen, konkret 9 Euro außergerichtliche Mahnkosten sowie 23 Euro Gerichtskosten für den Mahnbescheid, die zwischenzeitlich angefallenen Zinsen noch nicht mit eingerechnet.
Obwohl Jutta S. genau wusste, dass die Forderung berechtigt war und sie letztlich zahlen doch muss meinte sie besonders klug zu handeln, indem sie gegen den Mahnbescheid einfach Widerspruch einlegt. Denn damit wird automatisch das Klageverfahren eröffnet, wenn der Gläubiger die Gerichtskosten einzahlt, welche das fünffache der Kosten des gerichtlichen Mahnbescheids ausmachen, also nochmals 115 EUR. Wegen 43 Euro wird der Gläubiger doch wohl kaum noch mehr Geld investieren … oder etwa doch?!
Da die Sachlage klar war, wurde natürlich Klage eingereicht. Wie häufig bei kleineren Beträgen üblich, beschloss der Richter die Durchführung des schriftlichen Verfahrens in welchem jeder Partei Gelegenheit gegeben wird sich zum Sachverhalt zu äußern.
Wie nicht anders zu erwarten wurde Jutta S. zur Zahlung verurteilt. Es kam sogar noch schlimmer: Im Urteil wurde zudem festgestellt, dass der Rechtsgrund einer vorsätzlich unerlaubt begangenen Handlung vorlag. Dies hat zur Folge, dass Jutta S. selbst im Falle einer Privatinsolvenz von diesen Schulden nicht mehr loskommt, da für diese Forderung nun die Restschuldbefreiung ausgeschlossen ist.
Kaum kam das Urteil hatte Jutta S. plötzlich die eidesstattliche Versicherung über ihre Vermögensverhältnisse abgegeben, also wie man landläufig auch sagt, den Finger gehoben oder den Offenbarungseid geleistet. Sie meinte wohl, dass damit alles für sie erledigt sei. Sie selbst könne ja nicht zahlen und sie war sich sicher, dass der Gerichtsvollzieher sie wegen der abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ganz bestimmt nicht aufsuchen würde.
Aber ganz so einfach war es nun doch auch wieder nicht.
Wie aus der eidesstattlichen Versicherung hervorging, lebte Jutta S. vom Einkommen ihres gut verdienenden Ehemannes. Gegen diesen hat sie einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch und eben jener Unterhaltsanspruch kann unter bestimmten Voraussetzungen gepfändet werden. Das bedeutet, dass nicht Jutta S. den ihr zustehenden Unterhalt in Geld erhält, sondern ihr Mann deren Schuld an den Gläubiger begleichen muss.
Am Ende sind aus den ursprünglichen 43 Euro Warenwert weit über 200 Euro geworden. Ob es das wirklich wert war?
Ich glaube, Jutta S. war keineswegs gut beraten, ihre Rechnung nicht zu bezahlen. Sie hätte sich durch kluges Handeln viel Ärger und Geld sparen können.
Nun droht am Ende auch noch eine Verurteilung wegen Warenkreditbetrug. Das Strafverfahren ist zwar noch nicht abgeschlossen, jedoch kann Jutta S. wohl kaum mit einem Freispruch rechnen. Wie hoch das Strafmaß ausfallen wird bleibt abzuwarten.
*Namen und Orte sind geändert. Jegliche Ähnlichkeit mit realen Personen und Orten ist zufällig.
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