Es gibt Kumite, weil es Kata gibt
Ein junger Japaner mit dem ich über die Frage unterhielt ob Kata in Bezug auf Kumite überhaupt einen Sinn habe. Ausgangspunkt war die mir zu ihren gekommene Aussage, dass Kata letztlich keinen Sinn und deshalb auch keine wirkliche Daseinsberechtigung habe. Mit einer Selbstverständlichkeit die mich verblüffte, antwortete der junge Karateka „Es gibt Kumite, weil es Kata gibt!“ In diesem Moment fiel es mir wieder ein: Diesen Satz hatte ich sinngemäß schon einmal gehört, jedoch ist mir der simple Sinn noch nie in dieser Deutlichkeit ins Bewusstsein gedrungen.
In der Tat, Kata war zuerst da und erst dann kam das (sportliche) Kumite. Wer dies nicht versteht, kann natürlich auch Sinn und Nutzen der Kata nicht erfassen. Für Japaner gehören Kata und Kumite einfach zusammen. Es macht für sie keinen Sinn, sich nur auf Kata oder nur auf Kumite zu spezialisieren, denn Kumite gibt es, weil es Kata gibt.
In der Kata werden die Grundtechniken geübt und gefestigt. Im Kumite geht es dann darum das Erlernte anzuwenden. Ohne Kata können die für das Kumite notwendigen Techniken nicht geübt werden, denn durch Kumite können Techniken weder erlernt noch gefestigt werden. Es geht im Kumite einfach um die freie Anwendung, die praktische Umsetzung erlangten Wissens.
Japaner zeigen sich auf die Frage ob man nicht Kata einfach im Training weglassen könne, wenn man doch eh nur Kumite macht sehr verwundert. Sie stellen eine simple Gegenfrage: Und wie willst Du dann die Grundtechniken üben?
Kata und Kumite gehören für die Japaner untrennbar zusammen. Kihon, Kata und Kumite sind die drei Säulen des Karate, wobei Kumite, so wie wir es heute kennen, erst in relativ junger Zeit dazu gekommen ist. Man kann diese drei großen Teilbereiche des Karate durchaus mit den drei Beinen eines Hockers vergleichen. Wird eines der drei Beine des Hockers entfernt, so ist der Hocker nicht mehr zum sitzen zu gebrauchen, ja er kann noch nicht einmal ohne fremde Hilfe von allein stehen, da er einer zusätzlichen Stütze bedarf.
Es liegt in der Verantwortung des Lehrers seinen Schülern dies nicht nur zu vermitteln sondern auch sein Training entsprechend auszurichten.
Kumite ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der reichen Welt des Karate. Es gibt keinen Grund, seinen Schülern den Weg zu verstellen und sie aufgrund eigener Vorlieben um wertvolle Erfahrungen zu bringen.
Die größten Fortschritte machen Schüler ohnehin nicht durch Kumite. Das Kumite bietet für Schüler nur ganz geringe Möglichkeiten sich zu entwickeln. Wer im Kumite nicht erfolgreich ist und darüber hinaus nie den Wert der Kata auch nur ansatzweise kennengelernt hat, wird ohnehin rasch aufhören, da er kein Fortkommen sieht und keine wirklichen Entwicklungschancen hat.
Abseits vom äußerlich sichtbaren direktem Erfolg im Kumite durch das Erzielen von Punkten, der schnelleren Technik, der besseren Kombination oder der besseren Reaktion kann der Schüler in der Kata seinen Blick auf sich selbst richten. Er wird nicht gleich bei jedem Misserfolg bestraft. Er hat bei der Kata die Möglichkeit, sich die erforderliche Zeit zu nehmen ohne hasten zu müssen oder von anderen getrieben zu werden.
Durch die Kata kann der Übende nicht nur seine Technik entwickeln sondern auch seinen Kampfgeist bilden. Nur mit der richtigen Einstellung ist es überhaupt möglich im Kumite erfolgreich zu sein. Doch diese innere Einstellung kann man nicht im Kumite erlernen, allenfalls noch perfektionieren. Die Grundlagen werden in der Kata gelegt und deshalb ist die Kata auch so wichtig.
Eine Technik ohne Herz ausgeführt ist hohl. Wenn der Kämpfer aber gelernt hat, seine ganze Energie in die Technik zu legen, sich voll und ganz auf diese eine Technik zu konzentrieren, dann wird die Technik von selbst mit Leben erfüllt. Doch genau dies kann im Kumite nicht gelernt sondern nur angewendet werden.
Man sollte niemals vergessen, dass es Kumite nur gibt, weil es Kata gibt.
bisher keine Kommentare
Comments links could be nofollow free.