In der Karate Kata geht es nicht um Bunkai!

karate (2)Diese Aussage wird viele wohl nicht nur überraschen… Nein, sie ist vielmehr sogar ein Affront gegen all jene, die nicht müde werden die in den Karate Kata angeblich enthaltenen geheimen Techniken in den Fokus zu rücken und damit ihren Wissensvorsprung und letztlich ihren Platz als Lehrer und Trainer behaupten wollen. Doch was ist nun dran an den geheimen Techniken in den Karate Kata, die nur fortgeschrittenen Karate-Schülern zugänglich sein sollen?

Ich wage zu behaupten: Diese angeblich so geheimen Techniken gibt es überhaupt nicht!
Das ist eine gewagte Behauptung? Mitnichten! Ich will kurz erklären warum.
Jede Anwendungsmöglichkeit (Bunkai) der in den Karate Kata enthaltenen Techniken ist im Grunde nichts anderes als eine konsequente Umsetzung des bis dahin erworbenen Karate-Wissens. Je nach Fortschrittsgrad im Karate ergeben sich mehr oder weniger Anwendungsmöglichkeiten. Die Zahl der Anwendungsmöglichkeiten ist allein durch den Ideenreichtum des Karateka beschränkt. Natürlich stehen einem Anfänger aufgrund seiner noch beschränkten Karate-Kenntnisse ein deutlich eingeschränktes Potential an Techniken im Vergleich zu einem fortgeschrittenen Karateka zur Verfügung. Insofern sind seine Anwendungsmöglichkeiten eingeschränkt.
Wenn nun also fortgeschrittene Karateka andere Anwendungsmöglichkeiten demonstrieren, so zeigen sie damit nur, das es für ein und dieselbe Bewegung eine Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten gibt. Grundsätzlich gilt aber: Je einfacher, desto besser. Einfache Techniken können im Ernstfall besser abgerufen werde. Als komplizierte Bewegungsabläufe.
Um das Training interessanter zu gestalten und um die Aufmerksamkeit und die Bewunderung der Schüler zu erheischen neigen Lehrer dazu immer wieder neue noch spektakulärere Anwendungsmöglichkeiten zu zeigen. Einige Lehrer gehen dann sogar soweit, diese als die sogenannten geheimen Techniken zu verkaufen.
Einige Lehrer schreiben bestimmten Kata geheime Kräfte zu. Wenn es Schülern nicht gelingt, diese geheimen Kräfte zu entdecken und für sich zu nutzen, so liegt dies einfach daran, dass dieser Schüler noch nicht bereit sei, die der Kata innewohnenden geheimen Kräfte zu entdecken und für sich nutzbar zu machen. So wartet der Schüler also weiter darauf, dass ihn der Lehrer bald für würdig befinden werde, die geheimen Techniken erlernen zu dürfen.
Dabei ist es jedoch nur das Unvermögen des Lehrers einerseits die Kata richtig zu unterrichten und das Unvermögen des Schülers andererseits sich die Kata zu erschließen.
Wissen, Fähigkeiten und Erkenntnisse werden niemanden quasi mit einem Trichter eingefüllt. Insofern ist das Warten des Schülers auf die Gnade des Lehrers vertane Zeit. Der Schüler muss verstehen, dass Erkenntnis aus ihm selbst heraus kommen muss und andere ihm lediglich mehr oder weniger hilfreich zur Seite stehen können. Die Kraft, die „geheimen“ Techniken einer Kata zu erkennen, liegt in ihm selbst. Wenn man Fortschritte im Karate machen will, muss man selbst trainieren. Andere können nicht für einen trainieren. „Vorgekautes“ oder auswendig gelerntes Wissen ist etwas völlig anderes als durch eigene Erfahrungen erworbene Erkenntnisse.
Dies ist auch schon der Schlüssel für den Zugang zu den angeblich so geheimen Techniken und dem eigentlichen Zweck der Kata.
Kata haben, wenn man sie richtig übt, tatsächlich ein „geheimes“ Ziel: Sie bereiten den Körper auf die richtige Anwendung der Karate- Techniken vor.
Dazu muss man aber zunächst die Kata einerseits richtig verstehen und die Techniken andererseits auch richtig ausführen. Das richtige Verständnis der Kata und die richtige Ausführung der Technik bauen direkt aufeinander auf und bedingen einander. Wenn man weiß, was das Ziel einer Bewegung ist, also welche Anwendung dahinter steht, führt man diese Bewegung automatisch anders im Sinne von richtig aus. Umgekehrt ermöglicht erst eine richtig ausgeführte Bewegung deren praktische Umsetzung.
Darüber hinaus hat jede Kata ihren besonderen Charakter, ihre Eigenart. Bedingt durch die von unzureichend qualifizierten Kampfrichtern häufig vorkommende Überbewertung von reinen Äußerlichkeiten der Kata wie spektakulär hohen Sprüngen, dramatisch in Szene gesetzten Kata-Teilen und anderem mehr ist der eigentliche Sinn der Kata immer mehr in Vergessenheit geraten. Viele wissen nicht einmal etwas mit den Begriffen Shorin oder Shorei in Bezug auf Kata etwas anzufangen bzw. beachten die sich damit ergebenden Besonderheiten nicht ausreichend. Es ist bedauerlich, dass beeindruckenden Vorführungen der Vorzug vor richtiger Ausführung gegeben wird.
Shorin und Shorei ist nicht nur eine Herkunftsbezeichnung für Kata sondern darüber hinaus auch eine allgemeine Umschreibung für den überwiegenden Teil der in den Kata vorkommenden Bewegungen, nämlich ob diese kraftbetont (Shorei) oder mit dem Fokus auf Schnelligkeit (Shorin) liegend ausgeführt werden sollen.
Dies berücksichtigend, kann man über die Kata die in ihr enthaltenen Karate-Techniken wirklich lernen, verinnerlichen und letztlich verstehen.
Der Unterschied von Shorin und Shorei liegt nicht nur in schnell oder langsam ausgeführten Bewegungen sondern geht viel weiter. Um aber eines gleich vorwegzunehmen: Der Weg der Technik ist in jedem Fall der Gleiche. Es gibt in Bezug auf die Technik selbst keinen Unterschied. Auch die insgesamt aufgewendete und letztlich erzeugte Kraft ist identisch. Es geht nicht um die Frage ob Kraft erzeugt wird. Das setze ich jetzt einfach einmal voraus. Entscheidend ist wie die Kraft erzeugt wird.
Durch die langsamen kraftbetonten Shorei-Bewegungen sollen die Muskeln aufgebaut werden, damit der Körper gekräftigt wird und stärkere Techniken ausführen kann. Umgekehrt soll das Training der schnellen Shorin-Bewegungen den Muskeln die Schnelligkeit geben, die für ein rasches Reagieren im Kampf unumgänglich ist.
Auch die Atmung ist bei Shorin und Shorei Techniken anders. Gemeinsam ist beiden jedoch, dass wie immer bei Vorbereitungsbewegungen (Ausholbewegungen) eingeatmet und im zweiten Teil bis zum Ende der Technik ausgeatmet wird, wobei die Ausatmung mit dem Ende der Technik abschließt. Da Shorin-Bewegungen jedoch schnelligkeitsbetonte Bewegungen sind, muss die Atmung zwangsläufig auch schneller erfolgen. Bei kraftbetonten Shorei-Bewegungen dagegen ist eine langsamere, tiefere Atmung erforderlich.
Allgemein gilt: Eine Technik, eine Atmung. Bei Kombinationstechniken (z.B. die 2. und 3. Technik im Anfang der Kata Heian Nidan / Pinan Shodan: Ura Zuki – Tettsui Uchi) gibt es zu einer Einatmung zwei Ausatmungen. Darüber hinaus gibt jedoch weder Atempausen noch zusätzliche Atemgelegenheiten. Jede Ausatmung bedeutet eine Endspannung. Mit der Entspannung der Muskeln nach dem Kimepunkt beginnt ganz natürlich die nächste Bewegung. Atmung erzeugt Bewegung – das ist eines der Geheimnisse der Kata, welches verstanden sein will.
Kata gehen nicht von ungefähr von leichten zu schweren Bewegungen. Auch ich habe anfangs nie so recht verstanden, warum die hohen Kata angeblich so schwer sein sollen. Es sind weniger die äußerlich sichtbaren Bewegungen sondern vielmehr das dahinter stehende Konzept der Krafterzeugung und damit dem tieferen Sinn und Verständnis für die Kata. Dies erfordert deutlich mehr Übung als das bloße Ausführen einer Kata.
Man denke in diesem Zusammenhang an den Ausdruck, den ein Künstler seinem Gedichtvortrag verleihen kann im Vergleich zu dem eigenen laienhaften Aufsagen eines Gedichts (um nicht das Wort „Herunterleiern“ zu bemühen). Dies verhält sich bei Karate-Kata nicht anders. Wer die Grundlagen nicht ausreichend beherrscht, wird am Ende scheitern.
Es geht bei Karate Kata nicht um Bunkai und auch nicht um das Erlernen oder Üben irgendwelcher geheimen Techniken. Es geht schlicht und einfach darum, das Verständnis für die Karatetechniken zu erlangen, welches erst den wirklichen Einstieg in die faszinierende Welt der Karate-Techniken ermöglicht. Es geht darum, den Körper auf die Techniken vorzubereiten, die Muskeln zu stärken, die allen Karate-Techniken zugrundeliegenden Prinzipien zu verstehen. Erst die korrekte Ausführung einer Technik ermöglicht deren erfolgreiche Anwendung. Hierzu bedarf es keiner Veränderung oder grundsätzlichen Neuinterpretation der Kata sondern lediglich der richtigen Ausführung der Technik, die in der Kata exakt die gleiche wie im Bunkai im Kumite oder in der Grundschule ist.
Kata richtig ausgeführt, also mit der richtigen Anwendung der Technik im Hinterkopf, ist Kumite. Allerdings wird Kumite niemals an den Wert von Kata heranreichen.

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 28.07.2013
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