Kata hat keinen praktischen Wert

taekwondoUnlängst habe ich diese Aussage gehört. Eigentlich wollte ich sofort widersprechen – aber dieser Aussage ist der Wahrheitsgehalt nicht abzusprechen, jedenfalls dann nicht, wenn man nie die wahre Bedeutung einer Kata kennengelernt hat. Insofern darf man jedoch nicht den Schüler schelten, sondern muss die Schuld beim Lehrer suchen, der es nicht verstanden hat, seinen Schülern die Bedeutung der Kata zu vermitteln … entweder weil er es selbst nicht gelernt hat oder, weil er alles Erlernte in den Wind geschrieben hat und im Grunde wider besseren Wissens handelt.

Um die Aussage „Kata hat keinen praktischen Wert,“ näher untersuchen zu können muss zunächst einmal die Kata definiert werden. Das Wort Kata kommt aus dem Japanischen und bedeutet nichts anderes als Form oder Ablauf. Derartige Formen sind Besonderheiten vieler asiatischer Kampfkünste. Solche Fomen sind aus dem Kung Fu und Tai Chi ebenso bekannt, wie die Hyong und Poomse im Taekwondo oder Hapkido. Es gibt diese Formen nicht nur im Karate sondern auch im Judo, Aikido, Kendo usw.
Eine Kata ist eine fest vorgeschriebene Abfolge von Bewegungen, die den Kampf gegen mehrere imaginäre Gegner stilisiert. Da man im Ernstfall nicht gegen imaginäre Gegner kämpft sondern sich gegen echte Angreifer zur Wehr setzen muss, ist die Kata selbst zunächst wertlos.
Zu bedenken gilt es aber, dass die Kampfkünste früher allein durch Kata gelehrt und weitergegeben wurden. Wie konnten die Meister durch die mit der Form erlernten und perfektionierten Techniken in einem echten Kampf auf Leben und Tod bestehen, wenn die Kata tatsächlich wertlos wäre?
Anders als heute ging es damals zudem nicht um Punkte sondern es war von existentieller Bedeutung einen Kampf erfolgreich und möglichst ohne ernsthafte Verletzungen zu überstehen. Kata wurden als Ergebnis echter Auseinandersetzungen geschaffen, um die Techniken der jeweiligen Schule bestmöglich unterrichten und weitergeben zu können. Es liegt daher auf der Hand, dass eine Kata mehr sein muss als nur die Summe ihrer Techniken.
Viele verstehen dies entweder nicht oder blenden diesen wichtigen Aspekt mehr oder weniger bewusst aus. Um der Kata einen „neuen“ tieferen Sinn zu geben werden Gedanken und Ideen entwickelt, die sich immer weiter von den Usprüngen entfernen und teils ins Mystische ausufern.
Es gibt nicht wenige Lehrer die vorgeben in den Kata verstecktes Geheimwissen nur an ausgewählte Schüler weiterzugeben. Doch welcher Art sollte dieses Geheimwissen sein? Sollten in der Kata geheime Kräfte versteckt sein, die sich nur jenem offenbaren, dem der Schlüssel hierzu in die Hand gegeben wird? Sind in den Formen Anwendungen enthalten, die so verborgen sind, dass sie ohne Hilfe des Lehrers nie verstanden werden?
Es ist wahrlich nicht einfach eine kurze Antwort auf diese Fragen zu geben. Mit Ja und Nein ist eine befriedigende Antwort ohnehin nicht möglich, wenngleich es glühende Verfechter der „geheimen Kata-Lehre“ gibt und ebenso viele Leute, die der Kata derartige verborgene Kräfte gänzlich absprechen. Die Wahrheit liegt wie so oft im Leben irgendwo in der Mitte.
Zunächst: Geheimwissen und versteckte Kräfte gibt es tatsächlich in den Kata. Allerdings offenbaren sich diesen jedem, der intensiv übt. Eines Lehrers bedarf es dennoch, denn er hilft dem Schüler seine Techniken zu vervollkommnen.
Doch welcher Art sind dieses „Geheimwissen“ und die in den Kata versteckten „geheimen Kräfte“ eigentlich?
Die Kata lehrt die richtige Ausführung der Technik. Sie dient dazu, dem Körper den richtigen Krafteinsatz zu lehren, um den Techniken mehr Kraft verleihen zu können. In gewisser Weise handelt es sich hierbei um „Geheimwissen“. Richtiger ist wohl vielleicht dennoch eher der Ausdruck „verstecktes Wissen“. Dieses versteckte Wissen liegt jedoch weniger in der Kata als im Übenden selbst verborgen. Dieser muss lernen, seine Techniken effektiv auszuführen. Dies wiederum ist nur möglich, wenn einerseits die hierfür erforderlichen Muskelgruppen ausreichend entwickelt sind und darüber hinaus die Muskeln im richtigen Moment eingesetzt werden. Falsche Muskelanspannung – gleich ob zu viel, zu wenig, zu früh, zu spät oder in der falschen Reihenfolge führt im Ergebnis dazu, dass die Technik im günstigsten Fall nur geschwächt, im schlimmsten Fall jedoch unmöglich wird.
Die Kata ist seit Alters her ein äußerst bewährtes Hilfsmittel zur Perfektionierung der Technik. Sie ist der Schlüssel zu den im Kämpfer verborgenen Kräften. Zugleich können mit der Kata alle erforderlichen Muskelgruppen optimal aufgebaut und trainiert werden. Nicht zuletzt lernt der Übende auch sich effektiv und richtig zu bewegen und die Energie der Bewegung optimal mit den durch die korrekte Technikausführung erzeugten Kräften zu verbinden um so die Wirkung der Technik erheblich zu steigern.
Insofern hat die Kata einen extrem hohen, ja sogar nicht hoch genug einzuschätzenden Wert.
Eine perfekte Technik ist immer kraftvoll und damit auch wirkungsvoll.
Eine Kata lehrt aber darüber hinaus, vorausgesetzt sie wird richtig geübt, auch Timing und Rhythmus. Die Kombination von Timing und Rhythmus im Sinne von gut aufeinander abgestimmten Bewegungen in Verbindung mit einem perfekten Zusammenspiel aller beteiligten Muskelgruppen ist es, was einer Technik in der Summe eine unvergleichliche Effektivität verleiht. Es kommt nicht von ungefähr, dass Kata-Spezialisten in der Regel auch im Kumite äußerst erfolgreich waren und umgekehrt.
Bedauerlicherweise ist heute jedoch vielen Trainern der Wert der Kata unbekannt. Die Folge ist, dass sie und auch ihre Schüler eingleisig fahren und sich somit erheblicher Entwicklungs-Möglichkeiten berauben und im Ergebnis die Kata nur als Demonstration verstehen und ausführen, die effektvoll in Szene gesetzt werden muss, um von den Kampfrichtern möglichst gut bewertet zu werden. Dies hat zur Folge, dass eben kein Augenmerk auf die eine Kata wirklich ausmachenden Punkte gelegt wird sondern es einzig und allein um Show geht. Somit sind diese „Kata-Spezialisten“ im Ergebnis schlechte Kämpfer, da sie keinen wirklichen Nutzen aus der Kata zu ziehen vermögen. Sie üben nämlich nicht um ihre Technik zu verbessern bzw. ein tieferes Verständnis für die in der Kata enthaltenen Techniken zu erlangen oder die in ihr enthaltenen Prinzipien zu verstehen, nein, sie üben um die Techniken schöner und für Kampfrichter und Publikum noch spektakulärer erscheinen zu lassen. Das ist aber alles nur Show und Blendwerk. Gute Turner und Schauspieler könnten dies ebenso und bräuchten dazu kein jahrelanges Kampfkunst-Training.
In der Kata gibt es keine Show. Echtes Kampfkunsttraining ist Katatraining. Hier muss der Ausführende nämlich gegen den stärksten Gegner kämpfen und sich beweisen – gegen sich selbst. Er muss sein eigenes Ego bezwingen. Kampfrichter kann man durch effektvolle Techniken für sich einnehmen, Zuschauer und Freunde durch spektakuläre Technik-Ausführungen beeindrucken – sich selbst aber kann man nicht betrügen. Im tiefsten Inneren weiß jeder, ob seine Technik effektiv oder doch nur effektvoll war.
Kata ist richtig ausgeführt dem Kumite gleichzusetzen. Kumite jedoch kann niemals Kata ersetzen.
Viele betrachten Kata auch bedauerlicherweise ausschließlich als gymnastische Übungsform, jedoch ist Kata weit mehr als das.
Kata ist entgegen weit verbreiteter Meinung nicht eine Form um geheimes Wissen weiterzugeben oder verschiedene spezielle Techniken zu lehren, die dann in der Selbstverteidigung eingesetzt werden könnten. Die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte in der Kata vorkommende Technikabfolge exakt in dieser Form auch in einem Kampf einsetzen zu können ist äußerst gering. Sie ist auch kein Überbleibsel längst vergangener Zeiten. Es geht in der Kata auch nicht darum eine besonders schöne mit Spannungselementen wie künstlichen Pausen ausgestaltete Demonstration der eigenen atlethischen Fähigkeiten abzuliefern. Wenn Kata nur so verstanden und praktiziert wird, hat eine Kata insofern tatsächlich absolut keinen praktischen Wert.
Die Kata lehrt vielmehr Prinzipien, die nicht eng auf den offensichtlichen oder auch häufig aufgrund von mangelndem Wissen der Trainer einfach konstruierten Anwendungsfall beschränkt sind, sondern eher globaler, als allgemeingültig betrachtet und verstanden werden sollten. So sind den sich aus einer Kata ergebenden Anwendungsmöglichkeiten keine Grenzen gesetzt. Grenzen setzen stets nur die beschränkte Vorstellungswelt des Übenden oder die vom Trainer künstlich gesetzten Schranken.
Der Wert der Kata hat sich über die Jahrhunderte hinweg immer wieder unter Beweis gestellt. Dass dies viele heute nicht mehr verstehen liegt wohl hauptsächlich darin begründet, dass Kampfkunst immer mehr im Sinne von Kampfsport verstanden wird, und der wichtige Budo-Gedanke dabei völlig ausgeblendet oder allenfalls noch als schöne Beigabe betrachtet wird, um die asiatischen Kampfkünste mit etwas geheimnisumwitterten zu umgeben.
Ich wünschte mir, dass Schüler und vor allem Lehrer mehr über ihre Kampfkunst nachdächten und nicht nur an der Oberfläche kratzten. Das Offensichtliche ist selten das, wonach man wirklich suchen sollte und was einen weiter bringt. Um in die Tiefe zu gehen bedarf es viel Anstrengung und intensiver Bemühungen. Dann wird sich eine Welt öffnen, die ein ungeahntes Wissen offenbart. Dann wird auch die Erkenntnis wachsen, dass die Kata richtig geübt von enormer Bedeutung ist, dass dies jedoch nur aufgrund äußerer Umstände immer mehr in Vergessenheit geraten ist.
Wer nur den kurzfristigen Erfolg im Sport im Blick hat verliert zwangsläufig den Blick für das große Ganze und damit bleibt auch weder Raum noch Zeit die Kata in ihrer Tiefe und damit ihren eigentlichen Wert für den Übenden zu ergründen.

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 9.10.2013
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