Leistungssport und Sportpsychologie – Ein Interview mit Prof. Dr. Engbert und Dr. Weidig

sportsmanLeistungssport geht an die Grenze des Machbaren. Es wird die Kondition verbessert oder die Technik verfeinert, ebenso wird auf die Ernährung geachtet. Doch auch der Kopf kann für solche Belastungen trainiert werden. Wir haben ein Interview mit den Sportpsychologen und Olympiateilnehmer Herrn Prof. Dr. Engbert und Herrn Dr. Weidig geführt.

Herr Prof. Dr. Engbert, Herr Dr. Weidig, Sie sind zwei Sportpsychologen, die bei den Olympischen Spielen in Sotschi dabei waren. Wie fühlte man sich kurz vor den Spielen?
Herr Weidig: Fokussiert und neugierig. Die Vorbereitung auf die Spiele endeten am Tag vor der Abreise: Training, Sicherstellung alles Erforderliche organisiert zu haben, Abstimmung mit den Sportlern. Im Vorfeld wird bedacht, was die Sportler vor Ort erwartet, darauf werden sie vorbereitet. Letztlich weiß man es aber erst, wenn man im Olympischen Dorf ankommt und es galt das zu erfassen, was anders oder unerwartet sein könnte (z.B. Unterbringung: wie sind die Zimmer ausgestattet, wie ruhig ist es. Kommunikation: wie kann Kontakt mit und zwischen den Athleten hergestellt werden, Telefon, SMS. Wie kann man sich fortbewegen: zu Fuß, Bus, Fahrrad. Sicherheit: kann man sich vor Ort sicher fühlen oder fühlt man sich unwohl ob möglicher Gefahren.). Die Informationen mussten gesammelt, bewertet und eingeordnet werden, wie damit umzugehen ist.
Herr Engbert: Die Qualifikationsphase vor den Olympischen Spielen hatte ich als Achterbahnfahrt erlebt und mit vielen meiner Sportler mitgefiebert und mitgelitten, ob sie die nationalen und internationalen Normen und Quotenplätze erreichen. Als die Nominierung durch war, konzentrierte sich die Arbeit dann auf die Olympiamannschaft und es kehrte wieder etwas Ruhe ein. Da ich selbst erst mit den Snowboardern nach Sotschi geflogen war, hatte ich den Wettkampf „meiner“ Skisprung Damen leider nur aus der Ferne verfolgen können. Daher war ich vor dem Abflug sehr froh, dass es nun auch für mich nach Sotschi ging.
Welche Mannschaft oder Sportler betreuten Sie und seit wann?
Herr Weidig: Herren Curling-Nationalmannschaft seit Sommer 2012.
Herr Engbert: Bei den olympischen Spielen in Sotschi war ich Teil der Mannschaft des Snowboardverband Deutschland e.V. und betreute die Snowboardcross und die Snowboard Alpin (Parallelslalom & Riesenslalom) Mannschaften. Mit diesen Sportlern und Trainern arbeite ich bereits seit 2008 kontinuierlich im Trainings- und Wettkampfprozess zusammen und konnte sie auch schon bei den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver unterstützen. Darüber hinaus arbeite ich mit der Skisprung Damen Mannschaft seit 2012 zusammen und bin seit 2006 für die Ski Alpin Herren im Deutschen Skiverbandtätig.
Was bedeutet eigentlich Psyche im Sport?
Herr Weidig: Im Rahmen der Olympischen Spiele ist es wichtig, die vier Bausteine sportlicher Leistung auf den Punkt zusammenzubringen: Technik, Taktik, Athletik, Mentale Stärke. Wer das schafft, wird seine maximale Leistungsfähigkeit bestmöglich im Wettkampf abrufen können.
Herr Engbert: Die Psyche und die mentalen Prozess spielen im Sport eine wesentliche Rolle. In meinen Augen sind sie ein wichtiges Puzzlestück das zu dem Gesamtbild Spitzenleistung dazu gehört. Wenn der Kopf nicht mitspielt und Nervosität, Angst vor Misserfolg oder die eigenen Erwartungen zu Blockaden und Fehlern führen ist eine gute körperliche Verfassung wenig wert. Andersherum ist natürlich eine gute körperliche Verfassung und Training die notwendige Basis für Spitzenleistung. Es gibt also kein entweder oder zwischen Körper und Kopf im Sport sondern nur ein sowohl als auch.
Wo kommt Sportpsychologie zum Einsatz und warum?
Herr Weidig: Die sportpsychologische Arbeit vor Ort bei Olympischen Spielen findet statt: vor/im/nach Wettkampf, zwischen den einzelnen Spielen, um die mannschaftliche als auch die individuelle Leistung zu analysieren und gegebenenfalls Strategien für aufgekommene Schwierigkeiten zu erarbeiten (Bsp.: Umgang mit Niederlagen, Konflikte im Team).
Herr Engbert: Das Training und Verbesserung mentaler Leistungsfähigkeit ist wie das übrige Training auch ein kontinuierlicher Prozess. Dieser wird vom Sportpsychologen gemeinsam mit Sportler und Trainer geplant und begleitet, um langfristig die Basis für eine Leistungserbringung in Drucksituationen herzustellen. Ein Teil der Arbeit eines Sportpsychologen ist also der eine Trainer für den Kopf, der mit Gesprächen, Übungen und trainingsbegleitenden Maßnahmen die Entwicklung psychischer Leistungsfähigkeit unterstützt. Darüber hinaus kann ein Sportpsychologe in Wettkampfsituationen, wie z.B. den olympischen Spielen, dazu beitragen die entwickelten Fertigkeiten unter besonderen Rahmenbedingungen umzusetzen. Er trägt in dieser Situation dann als Coach dazu bei, dass ein Sportler oder ein Team die vorhandene Leistungsfähigkeit auch entfalten kann.
Schlussendlich sind Sportpsychologen immer dann gefragt wenn es zu Problemen, Krisen oder Blockaden kommt, die eine gute Leistungserbringung verhindern oder die Gesundheit eines Sportlers gefährden können. Das kann von Konflikten im Team bis hin zu psychischen Problemen wie Angst, Panik, Essstörungen oder depressive Symptomatiken reichen.
Wie sieht die Arbeit bei solch einem Event aus? Wie kann man sich den Tagesablauf vorstellen?
Herr Weidig: Die Tagesabläufe werden geprägt durch den Zeitpunkt des jeweiligen Wettkampfes (außer an wettkampffreien Tagen). Dieser Zeitpunkt wird als Fixpunkt genommen und danach werden alle Abläufe und Tätigkeiten ausgerichtet (Essen, Rehamaßnahmen, Besprechungen etc.). Zusätzlich findet für die Sportler in einem größeren Maße Medienarbeit statt, also für Interviews für Printmedien, Radio und Fernsehen zur Verfügung zu stehen.
Herr Engbert: Als Sportpsychologe bei olympischen Spielen bin ich in die Abläufe der Mannschaft integriert und übernehme ähnlich wie Physiotherapeuten und Ärzte auch viele Aufgaben um unsere eigentliche Betreuung herum. In der Vorbereitung auf einem Wettkampf hin ist der Tagesablauf in der Regel durch einen Wechsel aus Training und Regeneration strukturiert. Im Training helfe ich z.B. als „Mädchen für alles“ mit, dass auf der Piste alles passt. Dabei ergeben sich viele gute Gesprächssituationen mit Sportlern und Trainern, in denen man als Sportpsychologe spürt wie es den Teammitgliedern geht und „wo der Schuh drückt“. Neben dem Training bleibt dann Zeit für Gespräche und Kontakte, sei es „um mal einfach so zu reden“ oder um gemeinsam eine Strategie für ein bestimmtes Problem zu erarbeiten.
Im Wettkampf bin ich als Sportpsychologe entweder am Start oder, wie aktuell beim Snowboard, im Ziel. Dort helfe ich dass die Versorgung mit Jacken und Getränken etc. Reibungslos klappt und bin eine Schnittstelle zwischen dem Trainer auf der Strecke und den Sportlern. Für die Sportler ist es wichtig dass im Ziel ein Ansprechpartner ist, egal ob man nur kurz abklatscht oder ob man noch mal das Rangehen an den nächsten Lauf bespricht.
Welche Unterschiede gibt es in der Arbeit mit Sportlern unterschiedlicher Sportarten? Einzel/Mannschaftssportart?
Herr Weidig: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Grundsätzlich tauchen ähnliche Phänomene in gleichem Maße in verschiedenen Sportarten auf: Emotionsregulation, Trainer-Athlet-Kommunikation, Konzentration, Umgang mit Verletzungen etc.. In Mannschaftssportarten kommen zusätzlich gruppendynamische Aspekte hinzu.
Herr Engbert: In der Sportpsychologie gibt es viele Arbeitsbereiche und Themen, die in den jeweiligen Sportarten sehr ähnlich sind. Wenn ein Sportler Angst hat seinen Erwartungen nicht gerecht zu werden und zu versagen, ist es psychologisch gesehen egal ob dies vor einen Ski Alpin lauf oder einer Eistanz kür passiert: Das Ergebnis wird immer eine suboptimale Leistung sein. Allerdings unterscheiden sich die Sportarten auch stark in den mentalen Anforderungen die an den Sportler gestellt werden. Wer sich beim Skisprung so pusht wie vor einer Abfahrt im Ski Alpin wird sicher kein gutes Timing im Absprung hinbekommen. Im Snowboardcross und im Parallelslalom müssen die Sportler bis zu 10 Läufe hintereinander fahren, das erfordert natürlich eine andere Regulierung der Anspannung über den Tag als wenn nur einmal Leistung erbracht werden muss.
Wie kann die Sportpsychologie im Rahmen der Trainerweiterbildung und -Ausbildung helfen?
Herr Weidig: Trainer sind neben dem Sportler selbst, die wichtigste Person, die zur Leistungserbringung beiträgt. Ihr Umgang mit dem Sportler (Beziehungsgestaltung, Kommunikation) und das Selbstverständnis in der Rolle als Trainer können und sollten reflektiert und bewusst gestaltet werden. Ebenso ist es auch für Trainer eine Herausforderung beispielsweise mit (eigenen und fremden) Erwartungen funktional umgehen zu können. Dier Sportpsychologie kann Trainern Perspektiven und Handlungsansätze vermitteln, diese Aufgaben zu gestalten und zu meistern.
Herr Engbert: Nur die wenigsten Mannschaften haben die strukturellen Möglichkeiten regelmäßig mit einem Sportpsychologen zusammen zu arbeiten. Das gilt vor allem im Nachwuchsbereich. Daher ist es gerade in der Sportpsychologie wichtig, Trainer und Übungsleiter gut auszubilden, damit diese Trainings- und Wettkampfprozesse psychologisch sinnvoll gestalten. In der Trainerausbildung vermitteln wir Sportpsychologen z.B. Know-how, wie Motivation aufrecht erhalten werden kann, wie Trainer Sportler im Wettkampf coachen können und wie sie mit Krisensituationen und Konflikten umgehen können.
Macht es Sinn, die Sportpsychologie in den allgemeinen Betreuungs-Apparat zu installieren?
Herr Weidig: Es ist unbedingt sinnvoll, sportpsychologische Aspekte zu trainieren. Häufig genug ist von Sportlern und Trainern der Satz zu hören: „Letztlich entscheidet der Kopf über Sieg und Niederlage!“ Darüber hinaus ist es gerade beim Höhepunkt des sportlichen Strebens, Olympia, sinnvoll, die Sportler psychologisch unterstützen zu können. Für die Zukunft wäre es deshalb wünschenswert, wenn mehr als zwei Sportpsychologen, wie diesmal, bei den Spielen vor Ort wären. So selbstverständlich mehrere Ärzte und Physiotherapeuten dabei sind, sollten auch Sportpsychologen die Athleten unterstützen können.
Herr Engbert: Die Basis für eine gute sportpsychologische Betreuung bei Wettkämpfen ist eine gute Beziehung zwischen Sportler und Psychologe. Daher ist es optimal, wenn man mit den Sportlern die man auf Wettkämpfen betreut, bereits länger zusammenarbeitet. Wenn man einen Sportler erst kurz vor dem Wettkampf oder in einer Krisensituation kennen lernt kann man zwar auch helfen, aber die Möglichkeiten sind begrenzt. Ich denke dass es für jede Mannschaft sinnvoll ist „ihren“ Sportpsychologen im Hintergrund zu haben, auch wenn natürlich nicht alle im Wettkampf dabei sein können und müssen. Ob ein allgemeiner Sportpsychologe in der Betreuung der deutschen Olympiamannschaft sinnvoll ist hängt meines Erachtens von der Vorbereitung, Kommunikation und Integration in die jeweiligen Teilmannschaften ab. Dabei sein ist in diesem Fall sicher nicht alles.
Quelle: openPR

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 24.08.2014
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