Mathematik-Lehrer ohne Schulbuch?
Rudi Ratlos fragt:
Mathematik-Lehrer ohne Schulbuch?
Die Arbeit als Mathematik-Lehrer bereitet Leonhard viel Freude. Doch wie soll er die Schüler seiner fünften Klasse ohne ein Schulbuch der Mathematik unterrichten?
Das Land Niedersachsen, bei dem Leonhard als Hauptschullehrer angestellt ist, weigert sich, ihm das Lehrbuch zur Verfügung zu stellen. Das Land verwies ihn an die örtliche Gemeinde als Schulträger. Doch auch dort wurde Leonhards Bitte auf Zurverfügungstellung des Lehrmittels zurückgewiesen. Leonhard solle das Lehrbuch auf eigene Kosten erwerben, denn solche geringfügigen Anschaffungen seien in seinem Lehrerentgelt enthalten. Außerdem könne er die Anschaffungskosten der Lehrmittel in seiner Steuererklärung z.B. als Werbungskosten geltend machen. Schließlich bat Leonhard den Leiter der Hauptschule vergeblich, ihm das benötigte Buch aus der Schulbibliothek für den Mathematikunterricht zu überlassen. Leonhard ist ratlos und fragt Rudi um Rat. Er will wissen, ob das Land, die Gemeinde oder er selbst für die Anschaffungskosten des Schulbuches aufkommen muss.
Rudi fand heraus, dass in einem ähnlichen Fall ein Lehrer, um den Unterricht zu gewährleisten, schließlich das Schulbuch selbst gekauft und das Land Niedersachsen auf Erstattung der Anschaffungskosten verklagt hatte. In erster Instanz wurde seine Klage auf Kostenerstattung vom Arbeitsgericht Stade abgewiesen. In zweiter Instanz entschied das Landesarbeitsgericht Niedersachsen, dass das beklagte Land als Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht dazu verpflichtet sei, seinen angestellten Lehrkräften die erforderlichen Lehr- und Unterrichtsmittel zur Verfügung zu stellen.
Auf die Revision des Landes Niedersachsen entschied das Bundesarbeitsgericht am 12. März 2013 abschließend durch Urteil, dass das beklagte Land als Arbeitgeber, nicht die Gemeinde als Schulträgerin, einem Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung von § 670 BGB Aufwendungen zu ersetzen hat, die dieser in Bezug auf die Arbeitsausführung gemacht hat, wenn die erbrachten Aufwendungen nicht durch das Arbeitsentgelt abgegolten sind und der Arbeitnehmer sie nach verständigem Ermessen subjektiv für notwendig halten durfte (Az: 9 AZR 455/11).
Ohne Schulbuch kann ein Lehrer nicht unterrichten, so das Bundesarbeitsgericht. Und die Kosten für den Erwerb des Schulbuchs sind nicht mit der Vergütung abgegolten. Mit dem Argument, der Kläger könne die streitigen Aufwendungen als Werbungskosten steuermindernd geltend machen, könne sich das beklagte Land seiner Verpflichtung nicht entziehen, entschied das Bundesarbeitsgericht.
Rudi riet Leonhard, mit dem höchstrichterlichen Urteil des Bundesarbeitsgerichts seinen Arbeitgeber auf seine Fürsorgepflichten mit Nachdruck hinzuweisen. Er ist sich sicher, dass Leonhards Arbeitgeber es nicht auf einen aussichtslosen Rechtsstreit ankommen lassen wird.
(besprochen/mitgeteilt von RECHTSANWALT Bernhard LUDWIG, Bad Langensalza und Gotha)
Quelle: openPR
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Kategorien: Recht, Urteile
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