Rien ne va plus
Mario Draghis starke Worte – „it will be enough, whatever it takes“ – werden nicht so schnell in Vergessenheit geraten, weder bei denen, deren unverantwortliches, unmoralisches und rechtsbrecherisches Verhalten die prekäre Situation der Weltwirtschaft geschaffen hat und weiter unterhält, noch bei denen, auf die sie gemünzt waren und schon gar nicht bei den Millionen Menschen, die dafür die Zeche zahlen werden.
Die weltweite, durch unverantwortliches politisches Handeln begünstigte und durch maßlose Profitgier von Bankstern, Hedgern und Gangstern verursachte Finanzkrise vieler Staaten und Banken ist längst außer Kontrolle geraten. Niemand weiß wirklich, wie dieses Debakel in den Griff zu bekommen wäre. Um das niederschmetternde Gefühl der Ratlosigkeit zu verscheuchen, wird Geld gedruckt, was das Zeug hält. Banken und Spekulanten ersticken fast in den Fluten frischen Geldes und wissen sich nicht anders zu helfen, als Anleihen, Aktien und Immobilien in guten Lagen zu immer wahnsinnigeren Preisen zu kaufen.
Dort, im Bereich der Geldanlage aus Überfluß findet deshalb die Inflation statt, die bei den Verbraucherpreisen derzeit von interessierter Seite und ihren Nachplapperern in den Medien vermißt wird. Aber wie sollen bei einem Überangebot an Verbrauchsgütern, einer –zu rund einem Drittel von interessierter Seite trickreich versteckten – Arbeitslosenquote von rund 10%, und sinkenden Reallöhnen in immer breiteren Bevölkerungsschichten die Preise steigen? Da fehlt einfach die Nachfrage. Aber kann man das ausgleichen, indem man den Spekulanten noch mehr Geld in die Taschen schiebt? Ganz sicher nicht. Und indem man Sparer durch reale Negativzinsen engeignet, wird man sie auch kaum dazu bringen, ihre schwindende Altersversorgung auf den sprichwörtlichen Kopf zu hauen und damit die Konsumnachfrage anzukurbeln.
Geldentwertung scheint bei aller Ratlosigkeit der Politik und der Notenbanker das einzige Mittel zur Rettung von Banken und zur Entschuldung von Staaten zu sein. Welche sozialen Folgen die massenhafte Enteignung der Sparer und die Zerstörung der wirtschaftlichen Basis des Mittelstandes haben wird, wissen wir Deutsche allerdings aus unserer Geschichte. Darüber sollten Draghi und Consorten einmal sehr gründlich nachdenken, wenn das auch mehr als drei Generationen später vielleicht schwerfällt.
Die USA kämpfen verbissen um ihre wirtschaftliche und politische Vormachtstellung in der Welt. Dazu brauchen sie den Dollar. Und dazu wollen sie Verträge – wie das sogenannte Freihandelsabkommen, das derzeit mit der EU verhandelt wird – die den Profitgeiern unter ihren Landsleuten die Macht geben, anderen Staaten zu diktieren, welche Gesetze sie zu machen haben und welche nicht. Investitionsschutz wird das euphemistisch genannt. Hiesige Wirtschaftslobbyisten und ihre Erfüllungsgehilfen unter den Politikern scheinen noch gar nicht gemerkt zu haben, daß damit auch der Innovationskraft unseres Landes ein kräftiges Bein gestellt werden könnte, von der Beseitigung verbraucherschützender Normen gar nicht zu reden. Wenn die Amerikaner Freihandel wollen, dann bitteschön nicht auf Kosten von Demokratie und Lebensqualität! Sollten unsere Politiker solchem Ansinnen unter Berufung auf ihr „Abgeordnetengewissen“ nachgeben, wäre das Verrat am allgemeinen Wohl.
An das kriminelle Vorgehen der von der us-amerikanischen FED und den Großbanken Goldman Sachs und J.P. Morgan angeführten weltweiten Banksterschaft haben wir uns fast schon gewöhnt; von neuen Ermittlungsverfahren und Verurteilungen zu hohen Bußgeldern wird in den Medien ständig berichtet. Die Moral eines kleinen Teils der Weltbevölkerung, die gewohnt sind, sich die Verfügung über den größten Teil des von Millionen ihrer Mitmenschen erarbeiteten Wohlstands anzueignen, befindet sich auf einem Tiefpunkt. „Der Bankster ist die Mutation des Bankers zum Gangster“ (Prof. Querulix). Für Bankster und ihre Kumpane in der Politik gehört das Erwischtwerden bei kriminellen Machenschaften offensichtlich längst zum Spiel. Strafen werden nicht als Ahndung von Fehlverhalten betrachtet, sondern als mögliche Kosten. Die Verantwortlichen haben es ohnehin so eingerichtet, daß sie nur gewinnen können; Verluste tragen die Unschuldigen.
In der EU setzen sich die Südländer mit ihrer laxen Einstellung zur Verschuldung immer weiter durch, sodaß der Euro zwangsläufig zur Weichwährung werden muß. Nur so kann er ohne die notwendigen strukturellen Vereinheitlichungen der Fiskal-, Finanz-, und Sozialpolitik in den Mitgliedsländern überleben. Wohlstand für alle, wie sie noch von Ludwig Erhard proklamiert und grundgelegt wurde, ist damit endgültig Geschichte. Die Frage ist jetzt nur noch: wie tief wird der Absturz und welche Folgen hat er sozial und politisch? Die Erfahrungen aus der Vergangenheit lassen nichts Gutes erwarten.
Die schlimme Wahrheit unserer Zeit: Politik ist hilflos, Notenbanker sind ratlos und die von neoliberalem Ungeist aus der Flasche gelassenen Räuber im Nadelstreifenanzug beherrschen die Welt.
Die Geschichte beweist, daß weitsichtige Herrscher extrem seltene Exemplare der Gattung Mensch sind. In parlamentarisch verfaßten Staaten, noch dazu in lobbyverseuchten, ist überhaupt nicht damit zu rechnen, daß Vernunft und Allgemeinwohlorientierung sich gegen Parteiegoismus und Sonderinteressen durchsetzen können. Bei einer derartig verfahrenen Situation wie der weltweiten Finanzkrise, ist die Chance dafür noch geringer. Wenn dann auch noch religiöse Fanatiker und machtbesessene Politiker Kriege anzetteln, ergibt das zusammen mit einem inzwischen durchaus möglichen Absturz der Weltwirtschaft eine brisante Melange, die geeignet ist, die Welt in Flammen zu setzen.
Also keine Hoffnung – außer auf die Selbstheilungskräfte der Menschenkulturen, deren Wirken allerdings – wie die Geschichte beweist – meistens extrem schmerzhaft ist? Wahrscheinlich. Aber man kann ja als ein von Parteigeist und Profitgier nicht befallener und von Ideologien nicht vernebelter freier Geist trotzdem darüber nachdenken, was zu tun wäre – vor der Katastrophe oder eben nachher. Auch dafür haben wir Deutsche ja ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte.
Die miserabel zu nennende Wahlbeteiligung an den Landtagswahlen in Sachsen ist ein weiteres Alarmzeichen. Man sollte die Ursache nicht leichtfertig auf den Wahltermin am letzten Ferientag dieses Bundeslandes zurückführen, wie Herr Gabriel es getan hat. Die Wahlbeteiligung in Bund und Ländern geht zurück. Warum? Sicherlich nicht, weil die Menschen wegen üppiger Einkommen im Konsum schwelgen und keine Zeit mehr für Wahlgänge haben. Nein, wer’s hören will, erfährt es: Sie haben die Schnauze voll von Politikern, denen die Bedienung von Sonderinteressen ihrer (vermeintlichen) Klientele wichtiger ist, als sich um die Belange der Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu kümmern, die sie gewählt haben. Politik dient nicht mehr den Menschen, sondern den Profitgeiern, die Menschen nur noch als Produktionsmittel und Konsumenten sehen. Solange sich das nicht ändert, solange Politik nicht strikt am Allgemeinwohl orientiert wird, so lange werden sich die Menschen denen, die über sie herrschen, die kalte Schulter zeigen – wenn sie nicht eines vielleicht gar nicht zu fernen Tages auf ganz andere Ideen kommen.
Wer das verhindern möchte, muß wirklich zukunftsorientierte Politik machen, muß die Mitbürgerinnen und Mitbürger davon überzeugen, daß ihre Lebensqualität gesichert und gesteigert wird und nicht nur der Reichen und ihrer Vertreter in der Politik . In einer kleinen Studie mit dem Titel „Unbedingtes individuelles Grundeinkommen in Gestalt einer negativen Einkommensteuer – Kernstück einer unvermeidlichen Radikalreform unserer Gesellschaft“ hat solches Nachdenken seinen Niederschlag gefunden. Mit Zahlen unterlegt wird darin skizziert, wie die Gesellschaft und damit auch die Binnenwirtschaft nachhaltig zu stabilisieren wären, um sie künftig besser vor den Turbulenzen der Weltpolitik und den sozialen Verheerungen der modernen Raubritter zu schützen.
Ein Grundeinkommen zur Sicherung eines gerechten auskömmlichen lebenslangen Einkommens bildet dabei das Kernstück, weil es die Menschen unabhängiger von den egoistischen (Profit-)interessen derer macht, die jeweils die Macht im Staat ausüben. Darüber hinaus geht es aber auch um die langfristige Sicherung einer gesunden Bevölkerungsstruktur und um die materielle Sicherung der Bürgerinnen und Bürger bei Arbeitslosigkeit, im Alter, bei Krankheit und im Pflegfall. Nicht zuletzt wird die Notwendigkeit besser durchdachter und vernünftig organisierter Erziehung und Bildung thematisiert, damit genug Menschen aufwachsen, die in einer wahrhaft demokratischen Gesellschaft kompetent mitbestimmen, Wissenschaft und Kultur befördern und künftigen materiellen Wohlstand der Gesellschaft erarbeiten können.
Nachhaltiges Wachstum zum Nutzen der Allgemeinheit wird nicht durch immer neue Exportrekorde erzielt; sein Maßstabe sind nicht schwindelerregende Zuwachsraten bei Vorstandsgehältern, Boni und Vermögen der Reichen und Superreichen. Wenn wirtschaftliches Wachstum überhaupt einen Sinn haben soll, dann nur als Steigerung der Lebensqualität für ausnahmslos alle. Und damit sind dann nicht nur auskömmliche Einkommen, sondern auch gesunde Ernährung, genügend Zeit zur Muße, zur Bildung, für die Familie und für das, was man mit Menschsein gemeint.
Quelle: openPR
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Kategorien: Freizeit, Buntes
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