Selbstständig oder Scheinselbstständig – der Beginn als Unternehmer
Nach § 2 UStG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausübt. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Klingt einfach, ist es aber nicht.
Alfred Himmelsbach, Steuerberater der Kanzlei Himmelsbach & Sauer in Lahr, erläutert warum: „Der Unternehmer muss zuerst einmal eine selbstständige Tätigkeit ausüben. Selbstständig ist derjenige, der in einem Unternehmen nicht so eingegliedert ist, dass er den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet wäre. Problem sind hierbei alle sog. Scheinselbstständigen. Diese machen zwar so, als ob sie selbstständig wären, sind aber tatsächlich weitestgehend dem Weisungsrecht eines Dienstherrn unterworfen. Rechnen derartige Scheinselbstständige wie ein selbstständiger Unternehmer mit Mehrwertsteuer ab, so ergeben sich erhebliche Probleme, falls das Finanzamt nachträglich die Selbstständigkeit in Frage stellt.“
Dann müssen die „falschen“ Rechnungen berichtigt werden, da ansonsten die ausgewiesene Umsatzsteuer geschuldet wird, obwohl der Rechnungsempfänger keinen Vorsteuerabzug hat. Die Berichtigung ist mühsam, außerdem bleibt als Belastung am Steuerpflichtigen gegebenenfalls Zinsen auf Umsatzsteuer hängen.
Branchen, in denen dies oftmals auftritt, sind Paketdienste und Ähnliches. Außerdem werden Arbeitnehmer hin und wieder vom bisherigen Arbeitgeber in die angebliche Selbständigkeit geschickt, ohne dass sich außer dem Papier etwas ändert. „Hier ist Vorsicht geboten“, warnen die Steuernberater in Lahr. Denn: In aller Regel wird die Selbstständigkeit von der Rechtsprechung abgelehnt. „Der rein formale Akt der selbstständigen Abrechnung der Stunden reicht nicht, das Gesamtbild des Dienstverhältnisses so zu verändern, dass aus einer Arbeitnehmerstellung eine Selbstständigenstellung erwächst, erklären die Steuerberater in Lahr. Die Selbstständigkeit erfordert immer weitergehende Rechte über Arbeits- und Leistungsplanung, Organisation der Leistung und Eigenorganisation der Arbeitszeit. Dem Idealbild entspricht folgender Grundsatz: Der Arbeitnehmer schuldet die Arbeitszeit, der Unternehmer schuldet das Ergebnis der Arbeit.
Aber auch die andere Richtung tritt in Bezug auf das Unternehmerdasein vielfach auf. Unternehmer ist, wer selbstständig nachhaltig tätig ist zur Erzielung von Einnahmen. Dies tritt öfters auf als man denkt. Hat z.B. der Großvater eine umfangreiche Briefmarkensammlung hinterlassen und versucht nun der Erbe diese Sammlung nach und nach zu veräußern, erfüllt dieser Erbe schnell die Eigenschaft des Unternehmers, was unter Umständen Umsatzsteuerpflicht nach sich ziehen kann. Dies gilt nicht bei Veräußerung der gesamten Sammlung an einen Käufer, weil es hier an der Nachhaltigkeit der Tätigkeit beim Erben fehlt.
„Aber auch das Internet mit seinen Tausch- und Versteigerungsbörsen führt schnell zur Unternehmereigenschaft der Anbieter“, so die Steuerberater in Lahr. Insoweit ist bei sich mehrfach wiederholenden Geschäftstätigkeiten Vorsicht geboten, weil dann Nachhaltigkeit anzunehmen ist. Bei kleineren Umsatzbeträgen hilft das Gesetz unter Umständen über die sog. Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG. Dieser sieht vor, dass derjenige der im Vorjahr weniger als 17.500,00 € Umsatz hatte und im laufenden Jahr voraussichtlich weniger als 50.000,00 € Umsatz erreicht, die normalen Folgen des Umsatzsteuergesetzes vermeiden kann. Vom Text des Gesetzes her könnte man nun denken, dass derjenige der im Erstjahr z.B. 30.000,00 € Umsatz hat, nicht Umsatz berechnen muss, da er ja im Vorjahr 0,00 € Umsatz hatte und somit unter 17.500,00 €. Die Rechtsprechung sagt jedoch, dass der Gesetzgeber, abweichend vom Wortlaut des Gesetzes, dies so nicht gemeint haben kann. Wer im Erstjahr mehr als 17.500,00 € Umsatz plant, ist nach der Rechtsprechung ab dem ersten Jahr Vollunternehmer mit allen Folgen, die das Umsatzsteuergesetz an die Unternehmereigenschaft knüpft. Es sind dies: Verpflichtung zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen, Verpflichtungen zur Erstellung von formal richtigen Rechnungen, Abgabe von Umsatzsteuerjahreserklärung sowie Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten.
Himmelsbach & Sauer Partnerschaft
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte
Einsteinallee 1
77 933 Lahr
Quelle: openPR
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Kategorien: Recht, Urteile
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