Sind Frostschäden an Gebäuden stets Folge grober Fahrlässigkeit des Versicherten?
Nach der Frostperiode werden den Versicherungen jedes Jahr Leitungswasserschäden durch Frost gemeldet. De erste Reaktion der Versicherung: Sie will nicht oder nur eingeschränkt zahlen. Begründung ist regelmässig, dass der Versicherungsnehmer grob fahrlässig gegen die Sicherheitsbestimmungen in dem Versicherungsvertrag verstoßen habe.
Der Versicherungsnehmer sei nach dem Versicherungsvertrag verpflichtet, in der kalten Jahreszeit das Gebäude ausreichend zu beheizen und diese zu kontrollieren. Nur weil der Versicherungsnehmer die Beheizung des Gebäudes nicht ausreichend kontrolliert oder die Wasserleitungen entleert habe, sei es zum Frostschaden gekommen.
Dass die gebotenen Frostschutzmaßnahmen unterlassen wurden, sei bereits anhand des Schadensbildes ersichtlich. Gerade in der Frostperiode müsse der Versicherungsnehmer immer mit dem Eintreten eines Frostschadens rechnen.
Mit dieser Argumentation wehren Versicherungen Haftung für Frostschäden an Gebäuden seit Jahren systematisch ab.
Dabei unterschlägt die Versicherungswirtschaft die eigenen Untersuchungen. Aus den statistischen Erhebungen des Gesamtverbandes der Versicherungen ergibt sich, dass die Frostschäden an den Kaltwasserleitungen nur 0,5% der Leitungswasserschäden ausmachen.
Folgerichtig muss der Versicherungsnehmer selbst in der Frostperiode nicht ständig mit dem Eintreten eines Frostschadens rechnen. In der Regel treten Frostschäden durch für den Versicherungsnehmer nicht erkennbare Baumängel (z.B. fehlerhafte Isolierung, Undichtigkeiten in den Leitungen), einer geänderten Nutzung des Gebäudes (Auszug der Kinder, Urlaubsreise) oder einem spontanen Heizungsausfall auf.
Viele Frostschäden entstehen auch aus erkennbaren Baumängeln: So ist die unzureichend isolierte Wasserleitung an der Außenwand im Kinderzimmer häufig ein Grund für Frostschäden. Zieht das Kind aus und wird der Raum weniger beheizt kommt dann der vorhandene Baumangel plötzlich zum Tragen, die Leitung kühlt aus und friert ein.
Gerade diese eben beispielhaft beschrieben Baumängel wären für Versicherungen aufgrund ihrer Erfahrungen aus der Schadensbearbeitung ohne weiteres vor Abschluss des Versicherungsvertrages erkennbar. Eine Besichtigung des zu versichernden Gebäudes durch die Versicherung mit einer zutreffenden Risikoeinschätzung findet aber in der Regel nicht statt.
Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen um Frostschäden verlangen die Versicherer stets, dass der Versicherte die ausreichende Beheizung des Gebäudes kontrolliert.
Diese sehr versicherungsfreundliche Argumentation hat der Bundesgerichtshof in 2006 beendet. Laut BGH kann der Versicherte aus dem Versicherungsvertrag nicht entnehmen, dass es seine Verpflichtung wäre, Frostschäden „mit allen Mitteln zu verhindern“. Es reiche deshalb eine „genügend häufige“ Überwachung der Heizung aus (BGH Az. IV ZR 233/06 ).
Anwaltlicher Rat sollte nach Möglichkeit frühzeitig eingeholt werden. Der Anwalt kann dem Versicherten vor der Behebung des Schadens noch aufzeigen, welche Sachverständigengutachten dieser noch für eine erfolgreiche Durchsetzung seines Anspruchs gegenüber der Versicherung benötigt.
Der Artikel wurde von Rechtsanwalt Tarik Sharief aus Berlin geschrieben. Mehr Informationen zu Versicherungsrecht, Mietrecht und Verkehrsrecht werden unter www.rechtsklarheit.de angeboten.
Quelle: openPR
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