Urlaubsanspruch bei langer Krankheit
Nach den neuesten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sowie des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verfallen Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers dann nicht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Krankheit nicht in der Lage war überhaupt Urlaub zu nehmen. In den entschiedenen Fällen handelte es sich stets um Arbeitnehmer, die über den Verfallszeitraum des jeweiligen Jahresurlaubsanspruchs hinaus arbeitsunfähig erkrankt waren.
Der im Arbeitsrecht tätige Rechtsanwalt Franco Semioli von der Kanzlei Himmelsbach & Sauer in Lahr (Ortenau) erläutert, dass der Hintergrund dieser Regelung der ist, dass der Urlaubsanspruch nur dann verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn selbstverschuldet nicht nimmt. Er muss also zunächst überhaupt in der Lage sein, Urlaub zu nehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung hierzu ist dies allerdings nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist.
In dem hierzu ergangenen Grundsatzurteil des EuGH vom 20.01.2009, Az. C-350/06 und C-520/06 führt das Gericht aus:
„…, erlischt der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, diesen ihm mit der Richtlinie 2003/88/EG gewährten Anspruch auszuüben.“
Rechtsanwalt Semioli warnt allerdings davor, den aufgrund längerer Krankheit „angesparten“ Urlaub als langfristiges Urlaubspolster zu betrachten. Nach zwei neuen Entscheidungen des BAG vom 09.08.2011, Az. 9 AZR 425/10 und Az. 9 AZR 352/10 teilt der aufgrund längerer Krankheit aufgelaufene Urlaub das Schicksal des neuen Jahresurlaubs, weshalb er mit Ablauf des Jahres, spätestens aber mit Ablauf des Übertragungszeitraums am 31.03. des Folgejahres verfällt, wenn er nicht genommen wurde. Wird der Arbeitnehmer also so rechtzeitig wieder gesund, dass er seinen Urlaubsanspruch noch in der verbleibenden Zeit, spätestens bis zum Ende des Übertragunsgzeitraums nehmen kann, so verfällt der bis dahin nicht genommene Resturlaubsanspruch ebenso wie der zu Beginn des Urlaubsjahres neu entstandene Urlaubsanspruch.
In dem zugrundeliegenden Fall (BAG, AZR 425/10) war der Arbeitnehmer vom 11.01.2005 bis zum 06.06.2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 07.06.2008 arbeitete er wieder. Nach Wiederantritt der Arbeit nahm der Arbeitnehmer im restlichen Urlaubsjahr 30 Tage Urlaub. Mit Ablauf des 31.12.2008 ging der in das Jahr 2008 übertragene Urlaubsanspruch aus den Jahren der Krankheit 2005 – 2007 durch Verfall gem. § 7 BUrlG unter – so das BAG. Damit wurde klargestellt, dass frühere Urlaubsansprüche der gleichen Befristung unterliegen wie laufende. Eine Krankheit hemmt diese Verfallswirkung des § 7 BUrlG lediglich bis zur Gesundung des Arbeitnehmers. Mit der Wiederaufnahme der Arbeit kann der komplette vorhandene Urlaubsanspruch verfallen, wenn er grundsätzlich noch im laufenden Jahr genommen werden könnte.
Rechtsanwalt Franco Semioli von der Partnerschaft Himmelsbach & Sauer in Lahr, Seelbach (Ortenau) und Bahlingen (Kaiserstuhl) rät daher sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern, sich im jeweiligen Einzelfall von einem im Arbeitsrecht tätigen Rechtsanwalt über Fragen des Urlaubs oder bei Kündigungen beraten zu lassen.
Himmelsbach & Sauer Partnerschaft
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt
Alfred Himmelsbach und Ralph Sauer
Einsteinallee 1
77933 Lahr
Quelle: openPR
geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 7.10.2011bisher keine Kommentare
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Kategorien: Recht, Urteile
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