Warum der Einheitsbrei nicht schmeckt

rechtsanwalt-urteile-rechtEinheitsbrei statt Vielfalt – das ist das, was der Politik zumindest in Sachen Gewerkschaften offenbar erstrebenswert scheint. Seit Anfang März liegt nun im Bundestag ein Gesetzentwurf auf dem Tisch, der von den Volksvertretern beraten werden soll. Inhalt: die gesetzliche Tarifeinheit. Man wolle die „Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie sichern“ heißt es so schön. Das allerdings sehen die Gewerkschaften gehörig anders.

Wenn es nach den Vorstellungen der Politik geht, wird es in Deutschland bald nur noch die Einheitsgewerkschaft geben. Die Begründung ist absurd: Das steht so im Koalitionsvertrag. CDU, CSU und SPD haben sich darin darauf verständigt, den „Grundsatz der Tarifeinheit“ per Gesetz festzuschreiben. Würde das Wirklichkeit, was noch geduldig das Papier ziert, würde in einem Betrieb nur noch die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern verhandeln. Von ihr ausgehandelte Tarifverträge wären für alle Mitarbeiter gleichermaßen gültig.
Wie Grundrechte durch die Hintertür eingeschränkt werden
Das lässt seit Monaten die Gewerkschaften Sturm laufen, die den Einheitsbrei als politische Schnapsidee ablehnen. Besonders Spartengewerkschaften wie die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, die unter dem dbb-Dach agiert, aber auch die Pilotengewerkschaft Cockpit oder der Deutsche Journalistenverband fühlen sich politisch auf den Arm genommen. Denn sie sehen sich besonders betroffen von dem Versuch, durch die Hintertür das im Grundgesetz verbriefte Recht aller Arbeitnehmer, sich in ihren Berufen frei organisieren zu dürfen, einzuschränken.
Was hinzu kommt: „Verbände wären so zwar nicht verboten, aber es stellt sich die grundsätzliche Frage, warum man einer Gewerkschaft als Mitglied angehören will, die weder ihre Forderungen durchbringen noch streiken darf“, moniert Jano Hillnhütter, Chef der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw). In der Politik gäbe es ja auch Alternativen und nicht nur eine Einheitspartei.
Das macht verfassungsrechtliche Kopfschmerzen
Ein Schrauben an der Tarifpluralität sehen die Gewerkschaften dabei nicht nur als handwerklich problematisch, sondern auch als verfassungsrechtlich bedenklich an. „Dazu gehört unter anderem, dass das Wort Streikverbot zwar nicht in den Mund genommen wird, faktisch aber der Versuch unternommen wird, es durch Regelungen hinterrücks einzuschränken“, sagt Hillnhütter weiter. Die Folgen seien absehbar: Klagewellen werden über die Arbeitsgerichte kommen und sie werden dann entscheiden müssen, was die Gesetzgebung nicht geregelt hat.
Weiterer Kritikpunkt der Gewerkschaften: Das Grundrecht auf Selbstbestimmung wird eingeschränkt, indem man per se die Stimmgewalt an die verteilt, die man für die stärkste Kraft eines Betriebes hält. Dabei ist nicht einmal klar, was unter einem „Betrieb“ verstanden wird. Zählt ein einzelnes Finanzamt als Betrieb, vielleicht aber auch das Land? Stellt ein einzelnes Bundesland einen Betrieb dar oder eine Schule?
Gesetz könnte den Betriebsfrieden gefährden
In Bundesländern wie in Sachsen können die Tarifverhandlungen je nach Definition zu einem Fiasko werden, das in einer Zerfaserung des Flächentarifvertrags mündet. Denn dort sind Lehrer per se nicht verbeamtet. Ein Teil der Schulen würde dann mit dem dbb verhandeln, ein anderer Teil mit der GEW. „Wir möchten anzweifeln, dass das im Endeffekt nicht sogar zur Zerstörung des Betriebsfriedens führen kann“, sagt der Chef der dbb jugend nrw.
Auch ist nicht klar, wer dann wo die Mehrheitsgewerkschaft sein wird, die für alle Beschäftigten verbindliche Absprachen treffen darf. „Ich kenne bereits Leute in Gewerkschaftskreisen, die – sollte es so kommen – ihren Tarifvertrag kündigen und ihn dann neu für eine kleinere Einheit verhandeln wollen“, so haben erste Gewerkschafter Hillnhütter angekündigt.
Wie die Politik die Öffentlichkeit für ihre Interessen ködert
Unfair finden die Gewerkschaften zudem das Vorgehen der Politik, um in der Bevölkerung für ihr Anliegen Gehör zu finden. Nach Außen werde argumentiert, dass man die Zahl der Streiks überschaubar halten wolle. Fakt aber ist, dass das geplante Gesetz an dieser Zahl jedoch kaum etwas verändern wird. „Es ist nicht so, dass permanent Streiks das Land überziehen“, sagt Jano Hillnhütter. Schon jetzt verhandle die dbb tarifunion gemeinsam mit ver.di – obwohl sie das nicht müssten.
Beispiele wie die der Lokführer oder Fluglotsen zeigen, wie wichtig es ist, dass sich der Staat darüber klar wird, was überhaupt seine Kernkompetenzen sind. Wäre nicht in vielen Bereichen auf Biegen und Brechen privatisiert worden, wäre die Politik nun gar nicht in der Not, das Streikrecht einschränken zu müssen. In vielen Bereichen konnten in den letzten Wochen trotz Streik viele Aufgaben nur deshalb aufrecht erhalten werden, weil dort Beamte eingesprungen sind. Die nämlich dürfen tatsächlich nicht streiken.
Gewerkschaften organisieren Hearing
Um in gemeinsamer Sache zu streiten, hat sich das Bündnis für Koalitionsfreiheit gebildet, dem neben dem dbb beamtenbund und tarifunion auch die Ärztegewerkschaft „Marburger Bund“, der Deutsche-Journalisten-Verband sowie die Vereinigung Cockpit angehören. Auf ihre Initiative soll es nun am 16. April ein öffentliches Hearing geben, in dem das Pro und Contra aus Politik, Gewerkschaft und Verbänden zusammengetragen werden soll.
Quelle: openPR

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 15.03.2016
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