Zukunft Windenergie?

Wo kommt in Zukunft unsere Energie her? Landauf, landab stellen sich die Menschen diese Frage. Spätestens seit dem verheerenden Erdbeben in Japan und den Folgeschäden am Kernkraftwerk Fukushima ist in Deutschland eines klar: Ausstieg aus der Atomenergie! Doch der Energiebedarf in Zukunft nimmt nicht ab, er steigt! Wie also soll eine funktionierende Alternative zur Atomenergie aussehen? Solarenergie, Wind- und Wasserenergie? Doch nahezu im ganzen Land rührt sich Widerstand, besonders aber in touristisch relevanten Regionen. Zur Frage der Verträglichkeit touristischer Interessen und der Installation von Windkraftanlagen führte Peter Doser ein Interview mit dem Tourismus- und Standortmarketer Prof. Alexander Doderer.

PD:
Herr Professor Doderer, Sie gelten als ein national erfahrener Experte in den Bereichen Standort- und Tourismusmarketing. Sind Windkraftanlagen tatsächlich so bedenklich für touristisch relevante Gebiete?

AD:
Bedenklich ist alles! Bedenklich heißt ja nur, dass man darüber nachdenkt und da würde ich doch sagen, denken ist zunächst einmal immer gut! Im Falle der Windkraftanlagen haben wir in Deutschland ein deutliches Nord-Süd-Gefälle, d. h. an den Küsten wurden schon 1978 ernst zu nehmende Windkraftanlagen aufgestellt. Seinerzeit haben wir uns im Süden der Republik allerhöchstens zu Dekorationszwecken kleine Windrädchen gebastelt und in den Garten gestellt, um zu zeigen, wie fortschrittlich wir sind. Zwischen Dekoration und Wirtschaftlichkeit ist aber erfahrungsgemäß ein großer Unterschied. Heute sieht es so aus, als müssten wir im Süden der Republik jetzt einfach einen aufholenden Lernprozess durchmachen. Wir sind die Semiotik von Großwindkrafträdern einfach nicht gewohnt und sagen ja auch: „Das passt nicht hierher“. Ein Atomkraftwerk passt aber auch nicht, das haben wir hier ja schon 1976 am Kaiserstuhl erkannt und verhindert. Mit Kerzenlicht können wir andererseits eine Wirtschaftskraft unseres Zuschnitts auch nicht aufrechterhalten. Und wenn wir auch kein Pumpspeicher-Kraftwerk wollen, dann wird es höchste Zeit, zu sagen, was wir wollen. Energie auf jeden Fall – das ist wahrscheinlich unstrittig.

PD:
Gut, aber es geht ja um touristisch relevante Gebiete. Ist Ihrer Meinung nach dort die Aufstellung von Windparks so ohne Weiteres möglich?

AD:
Ja, leider.

PD:
Was heißt das?

AD:
Die Zeit der Romantik ist endgültig vorbei. Wir glauben im Tourismus immer noch an die idealen Landschaften des 19. Jahrhunderts: Arkadien. Wer aber einen auf Arkadien macht, wird früher oder später zu Griechenland. So leid es mir tut: Das hat halt keine Zukunft. Ich finde es auch wunderschön, im Appenzeller Land die putzigen kleinen Streusiedlungen anzuschauen – von Weitem. Bei näherem Hinschauen hängen da aber überall Verkaufsschilder dran. Plötzlich wird aus dem Putzigen etwas Beängstigendes. Wir können die Zeit nicht aufhalten. Wir können vor allem uns selbst nicht aufhalten. Wir alle wollen ins Internet, wollen Strom aus der Steckdose, wollen easy living, wollen aber eben kein Atomrisiko – also!

PD:
Stört Ihrer Meinung nach der Anblick von Windkrafträdern den Touristen also nicht?

AD:
Doch, es stört ihn!

Aber der Tourist ist heute bestens informiert und reflektiert – er weiß, dass er seinem Energiehunger Tribut zollen muss. Folglich stört es ihn nicht so sehr, dass es zu einer Abwendung käme. Hier findet einfach eine Abwägung statt. Schauen Sie: Eine Seilbahn auf einen hohen Berg stellt auch einen Eingriff in die Landschaft dar. Das nimmt man aber gerne in Kauf, weil man andererseits eine Steigerung der Erlebnisqualität erfahren kann. Bei Windkraftanlagen ist es ähnlich: Im Anblick eines Atomkraftwerkes würde ich jetzt nicht unbedingt Urlaub machen wollen, im Anblick von ein paar Windrädern fiele mir das wahrscheinlich nicht so schwer. Untersuchungen belegen das übrigens: Bei Umfragen unter Touristen im Bayerischen Wald äußerten sich nur etwa 45 % gegen den Anblick von Windrädern, die anderen störte das nicht.

PD:
Ich habe Sie allerdings auch schon einmal kritisch darüber referieren hören, dass auf den Dächern von Schwarzwaldhöfen Solarzellen installiert werden.

AD:
Ja, das stimmt. Ich halte es nach wie vor für ästhetisch verfehlt, auf ein Krüppelwalmdach im Schwarzwald Solarzellen zu installieren. Aber vor dem Hintergrund unserer kollektiven Prioritätenliste ist auch das O.K. Wie gesagt: Ich muss einfach zur Kenntnis nehmen, dass der Energiehunger unser aller Priorität ist und dann kann ich die Romantik des Schwarzwaldes oder auch des Bodensees so eben nicht aufrechterhalten.

Nach dem baden-württembergischen Windatlas ist ja beispielsweise das Gebiet um Markdorf, der Gehrenberg, ein ausgewiesenes Windgebiet. Kenner der Lage bezweifeln dies zwar, aber der Windatlas sagt eben, es sei so. Auf dem Bodanrück verhält es sich ähnlich: Auch hier soll genügend Wind vorhanden sein, um die Installation von Windkraftanlagen zu rechtfertigen. Auch auf den Höhenzügen rund um Glottertal oder Baiersbronn ist das so.

Im Schwarzwald ragen dann aus den Waldgebieten ca. 150 Meter hohe Anlagen empor, am Bodensee wird das nicht soviel anders sein, weil der Rotor eine gewisse Höhe über den Baumwipfeln benötigt, um überhaupt Strom erzeugen zu können.

Für alle Bewohner des Bodensee-Nordufers bedeutet dies, dass sie zukünftig im Prachtpanorama der Alpenkette dreigliedrige weiße Störenfriede vorfinden. Das ist freilich ärgerlich, noch ärgerlicher ist allerdings, wenn ich keinen Handy-Empfang mehr habe oder nicht schnell genug ins Internet komme. Die Prioritäten stecken das Feld ab.

PD:
Professor Doderer, wo liegen Ihrer Meinung nach die Prioritäten der Gäste wirklich?

AD:
An erster Stelle steht die Destination selbst, ihr Selbstverständnis, ihre Authentizität und was man dann an kommunikativen Elementen daraus machen kann. Wichtig ist in erster Linie, dass die Destination weiß, warum sie eine Destination sein will. Man muss erkennen können, dass es sich lohnt, dorthin eine Reise zu machen. Das ist ein sehr hoher Anspruch. Gerade auch vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Gästepsychologie.

PD:
Und da passen Ihrer Meinung nach Windräder in die Landschaft?

AD:
Ich fordere sie ja nicht! Ich sage nur: Wir alle, egal ob in der Rolle des Gastes oder in der Rolle des Anbieters, wir alle lernen ja mittlerweile täglich, dass wir uns in kürzester Zeit an neue Situationen anpassen müssen. Dieser so genannte Anpassungsdruck ist für menschliche Verhältnisse viel zu groß, das ändert aber nichts an der Tatsache. Dieser Anpassungsdruck sagt uns jedenfalls: Auf Energie können wir nicht verzichten und aus Atomkraft wollen wir sie nicht, also rascher Wechsel.

Man wird ganz sicher abzuwägen haben, wo welche Themen im Vordergrund stehen und ich denke, niemand wird eine touristisch relevante Region einfach leichtfertig durch den Bau von Windkraftanlagen aufs Spiel setzen. Wir werden aber recht schnell in eine Diskussion um die Relevanz und die Qualität des jeweiligen touristischen Gebietes kommen. Da muss ich dann sagen: gut so!

PD:
Meinen Sie damit eine Qualitätsdiskussion? Unsere Tourismusgebiete sind doch alle auf höchstem Niveau.

AD:
Das haben Sie gesagt und ich will dem jetzt auch nicht widersprechen. Ich wundere mich nur immer, warum landauf, landab von Südtirol die Rede ist und wie toll dort der Tourismus funktioniert. Das geht ja mittlerweile soweit, dass wir beispielsweise für Kommunikation des Baden-Württemberg-Tourismus sogar Teile des Logos von Südtirol abkupfern – einfach skuril!

Aber zurück zu Ihrer Frage: Zu den Tourismusorten auf wirklich höchstem Niveau gehört in Baden-Württemberg beispielsweise Baiersbronn. Selbstverständlich wird dort jetzt schon intensiv abgewogen, ob Windräder aufgestellt werden und wenn ja wo. Das wird aber vor dem Hintergrund eines professionellen strategischen Tourismusmarketings gemacht, das hat System! Tourismusorte, die nur sagen werden, uns passt das nicht in die Landschaft, werden sicher kein großes Gehör finden.

Da kommt ja noch ein ganz anderes Thema ins Spiel: Für Landwirte, die ihre Flächen mit Windrädern bestücken, ist das wirtschaftlich allemal attraktiver als diese mühsame Weidewirtschaft zu betreiben. Damit geht die Offenhaltung der Landschaft verloren und wir erleben eine Verlagerung der Wertschöpfungskette, ähnlich der Biogas-Anlagen.

PD:
Wirft der Tourismus langfristig also zu wenig ab?

AD:
Nein, so würde ich das nicht sehen. Im Gegenteil! Für ländliche Gebiete in Deutschland ist die Tourismus- und Freizeitwirtschaft bisweilen eine unverzichtbare Zukunftssicherung. Aber im ländlichen Raum gibt es in Zukunft auf jeden Fall mehr Interessenskonflikte – das zeichnet sich ab!

PD:
Professor Doderer, vielen Dank für dieses Gespräch!

Quelle: openPR

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 23.10.2011
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